eTwinning Jahresthema

Schulen zum Wohlfühlen

Schülerinnen und Schülern Freiraum geben, ihre Sorgen ernst nehmen sowie ihr Selbstbewusstsein stärken – all das können Wege sein, um das Wohlbefinden in der Schule zu steigern. Drei beispielhafte eTwinning-Projekte zeigen, was möglich ist.

Das Motto für das eTwinning-Jahr 2024 lautet „Well-being at Schools“. Damit knüpft das kommende Jahresthema an den inhaltlichen Schwerpunkt von 2023 an. Unter dem Schlagwort „Innovation and Education“ lag der Fokus in diesem Jahr weniger auf technischen Innovationen, sondern auf den Lehrkräften sowie den Schülerinnen und Schülern mit ihren Ideen, Bedürfnissen und ihrem Potenzial. Gleichzeit rückt das europäische Netzwerk für digitalen Schulaustausch damit ein Thema in den Fokus, das auch in der aktuellen Bildungsdiskussion immer mehr Bedeutung gewinnt: das Wohlbefinden in Schulen. Schülerinnen und Schüler, die sich wohl und geborgen fühlen, lernen motivierter und sind zufriedener. Das erlebten auch drei engagierte Lehrkräfte, die für ihre innovativen Ideen den Deutschen eTwinning-Preis 2023 erhalten haben. Ihre Projekte sind auch eine Quelle der Inspiration für das eTwinning-Jahr 2024.

Motivation durch Freiraum

Zur ersten Stunde um 10 Uhr ein Fußballtraining bei Sportlehrer Messi, anschließend ein Sprung in den Popcorn-Pool, dann Musik bei Shakira oder Billie Eilish, und zur Stärkung Pommes Frites, Burger und Pizza. So erträumten sich Schülerinnen und Schüler der fünften Klasse an der Gustav-Dreyer-Schule in Berlin und ihre Partnerklassen aus Spanien und Italien den perfekten Unterricht. Keine Idee war ihrer Lehrerin, Kristina Gaudi, zu übertrieben, kein Szenario zu verrückt, denn bei ihrem eTwinning-Projekt „YOU, ME, US…EUROPE!“ standen der Spaß und die Freude am Lernen im Mittelpunkt. „Weil wir den Kindern viel Freiraum gelassen haben, waren sie äußerst motiviert und sind über sich hinausgewachsen“, so Kristina Gaudi. Ihre Ideen, vom Projektlogo bis zu den Plänen für ihre Wohlfühlschule, präsentierten die Kinder auf Englisch in einem gemeinsamen Forum auf der European School Education Platform.

eTwinning-Jahresthema 2024

Bildung heißt nicht nur, den Schülerinnen und Schülern Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln, sondern auch, ihnen eine sichere, unterstützende Lernumgebung zu bieten, in der sie als Mensch wachsen können. In diesem Sinne lautet das Motto für das eTwinning-Jahr 2024 "Well-being at Schools". Dabei wird der Fokus vor allem auf das Ziel gelegt, gerechte und inklusive Lernorte zu schaffen, die sowohl Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, ihr individuelles Potential auszuschöpfen. Denn nur so können Kinder und Jugndliche optimal auf die Herausforderungen des Lebens außerhalb der Schule vorbereitet werden.

Die Schülerinnen und Schüler von Kristina Gaudi an der Gustav-Dreyer-Schule in Berlin durften sich im Rahmen des eTwinning-Projekts die ideale Schule erträumen.

„Weil wir den Kindern viel Freiraum gelassen haben, waren sie äußerst motiviert und sind über sich hinausgewachsen.“

Die Zusammenarbeit mit ihren europäischen Partnerinnen und Partnern lief aber auch über analoge Kanäle. Dabei erlebten sie, wie angenehm entschleunigend die gute alte Post sein kann. Jeder mit Spannung erwartete Brief enthielt neue Überraschungen und weckte ihre Neugier auf andere Kulturen. „Unsere Schülerinnen und Schüler konnten gar nicht fassen, dass die Sommerferien in Spanien und Italien ganze drei Monate dauern“, erinnert sich Kristina Gaudi lachend. Ein Vierteljahr dolce vita – das war den deutschen Kindern nicht einmal für die Schule ihrer Träume eingefallen! Sie selbst hat sich den Traum erfüllt, ihre Partnerschule in Barcelona zu besuchen. Die privat organisierte Reise erlebte die Lehrerin „als persönliche Belohnung für meinen Projekteinsatz“. Zusätzlich freute sie sich über den Deutschen eTwinning-Preis 2023.

Freude am Lernen fördern

Auch Andreas Roßt vom Gymnasium Georgianum in Hildburghausen (Thüringen) überzeugte die Jury mit seinem herausragenden eTwinning-Projekt. Bei „Here Our Problems, Easy Solutions (HOPES)“ standen das körperliche und seelische Wohlbefinden von Jugendlichen im Mittelpunkt. Der Englisch- und Russischlehrer ist überzeugt: „Nur gesunde Schülerinnen und Schüler lernen gut.“ Zusammen mit ihren Partnerklassen aus Italien, Portugal und der Türkei entwickelten die thüringischen Gymnasiastinnen und Gymnasiasten einen englischsprachigen Fragebogen, in dem sie berichten, was sie im Alltag als belastend empfinden: Stress in der Schule, Ängste, familiäre Spannungen. Ihre Ideen, wie auch schwierige Situationen mit vereinten Kräften lösbar sein könnten, veröffentlichten sie als originelle Comics und Videos. Und in einem Kochbuch sammelten sie Rezepte für gesunde Gerichte und tröstliche Lieblingsspeisen.

Im Projekt von Andreas Roßt am Gymnasium Georgianum in Hildburghausen standen das körperliche und seelische Wohlbefinden von Jugendlichen im Mittelpunkt.

„Wer den ganzen Tag an der Schule verbringt, braucht ein Umfeld, das Anreize bietet, um mit Freude und ohne Angst zu lernen.“

Dass das eTwinning-Projekt den Freiraum bot, sich ohne Notendruck mit einem wichtigen Thema zu beschäftigen, betrachtet Andreas Roßt als einen Schlüssel zum Erfolg. „Wer den ganzen Tag an der Schule verbringt, braucht ein Umfeld, das Anreize bietet, um mit Freude und ohne Angst zu lernen“, erläutert er. Weniger Hausaufgaben, gesundes Essen in der Schulkantine, smartphonefreie Pausen sowie ein attraktives Sportangebot sind nur einige Ansätze, die seine Schule künftig umsetzen will. Damit die Lehrkräfte angesichts der vielen Anforderungen die Selbstfürsorge nicht aus dem Blick verlieren, plant das Gymnasium auch für sie entsprechende Angebote, beispielsweise Yogakurse. Andreas Roßt ist überzeugt: „Wir sind auf einem guten Weg.“

Selbstbewusstsein stärken

Wie Offenheit, Neugier und die Bereitschaft, sich auf andere Kulturen einzulassen, das Wohlbefinden fördern können, erlebten Schülerinnen und Schüler an der Naabtal-Realschule im bayerischen Nabburg. Ihre Lehrerin, Angelika Hirmer, erhielt für ihr innovatives eTwinning-Konzept „Smart and decent“ den Sonderpreis der Jury. Sie schickte ihre evangelische Religionsgruppe auf eine spannende virtuelle Reise zu den Projektpartnern in Kroatien, Rumänien, Aserbaidschan, Jordanien und in der Türkei. Ihre Mission: Zu erkunden, wie der heimische Kulturkreis die eigenen Wertvorstellungen prägt und welche universellen Werte die meisten Menschen teilen.

Der Deutsche eTwinning-Preis

Mit dem Deutschen eTwinning-Preis werden einmal im Jahr beispielhafte Projekte ausgezeichnet, die zeigen, wie der digitale Austausch zwischen Schulen in Europa den Unterricht bereichern und Fremdsprachen- und Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schülern fördern kann.

Mehr erfahren
Angelika Hirmer reflektierte mit ihren Schülerinnen und Schülern an der Naabtal-Realschule im Projekt „Smart and decent“ die eigenen Wertvorstellungen.

„Sich bewusst zu machen, was wirklich zählt im Leben, stärkt die Jugendlichen. Und durch die konstruktive Auseinandersetzung entwickeln sie neue Fähigkeiten.“

Die Schülerinnen und Schüler aus der Oberpfalz trugen mit ihrem Schwerpunkt „Liebe und Freundschaft“ zu angeregten internationalen Diskussionen bei und lernten, respektvoll zu argumentieren und andere Meinungen zu achten. Im normalen Unterricht hätten die vielen Aspekte rund um „Freundschaft“ kaum so intensiv diskutiert werden können, weshalb eTwinning nach Überzeugung von Angelika Hirmer einen wertvollen Beitrag zum Thema „Well-being at Schools“ leistet: „Sich bewusst zu machen, was wirklich zählt im Leben, stärkt die Jugendlichen. Und durch die konstruktive Auseinandersetzung entwickeln sie neue Fähigkeiten.“ Wichtig ist der Lehrerin zudem, dass ihre Schülerinnen und Schüler ihr digitales Knowhow erweitern: „Die Kenntnisse werden heutzutage von den meisten Arbeitgebern erwartet. Wer sie vorweisen kann, kann selbstbewusster auftreten.“ Auch sie selbst fühlt sich durch „Smart and Decent“ bereichert, dank spannender Erfahrungen, intensiver Begegnungen, neuer Freundschaften und nicht zuletzt durch die Auszeichnung für ein Projekt, das die Jury als Vorbild für Bildung im 21. Jahrhundert hervorhob.

Diese drei Projekte zeigen: Das Thema „Well-being at Schools“ ist ebenso aktuell wie facettenreich und bietet die Grundlage für vielfältige Projektideen. Im Laufe des aktuellen Schuljahres werden sicherlich noch viele spannende Projekte hinzukommen.