Lernen, die Balance zu halten – Gesundheitsprävention in der Schule

Weil Schule stark machen soll, steht am Albert-Einstein-Gymnasium in Hameln Gesundheitserziehung auf dem Stundenplan – für die Kinder und auch die Lehrkräfte. Impulse lieferte ein Erasmus-Projekt.

Die Coronapandemie war für das Albert-Einstein-Gymnasium in Hameln eine Herausforderung - für die Schülerinnen und Schüler, die Lockdowns und Distanzlernen bewältigen mussten, und für die Lehrkräfte, die sich binnen kurzer Zeit neue digitale Unterrichtsmethoden aneignen mussten. Sie alle standen manchmal am Rande ihrer Belastbarkeit. Anika Weinel konnte vom Virus, das die Welt veränderte, nichts ahnen, als sie 2018 das Erasmus-Projekt „Balance zwischen Digitalisierung und Gesundheit für alle Beteiligten unserer Schule“ beantragte. Zwei Jahre später erschien das Thema wie eine Vorsehung.

Die Lehrerin erklärt, wie die zweigleisige Projektidee entstand: „Wir waren schon vor Corona digital gut ausgestattet und wollten die Möglichkeiten noch besser nutzen. Und von der Gesundheitsprävention, die schon länger zu unserem Schulkonzept gehört, sollte nun auch das pädagogische Personal profitieren.“ Bei Fortbildungen in Griechenland und Italien erweiterte dann eine Gruppe der Lehrkräfte ihre Kenntnisse in den Bereichen Digitalisierung, eine andere setzte sich mit Konzepten der Schüler- und Lehrergesundheit auseinander.

Erasmus-Schwerpunkt

Schwerpunkte des Projekts waren die Themen Digitalisierung und Gesundheit.

Anika Weinel unterrichtet Französisch und Spanisch am Albert-Einstein-Gymnasium in Hameln.

„Durch Erasmus-Fortbildungen werden wir zu Expertinnen und Experten für unser Thema und tragen zur Schulentwicklung bei. Die Auszeichnung ermutigt uns, das nächste Projekt zu starten.“

Gesundheitserziehung auf dem Stundenplan

Das Ganztagsgymnasium organisiert für alle Jahrgänge, von den Fünft- bis Zehntklässlern, regelmäßige Projekttage rund um das Thema Gesundheit. Dabei lernen die Kinder und Jugendlichen, was für ein gesundes Aufwachsen wichtig ist: eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, Verzicht auf Drogen, aber auch Lernen ohne Stress und ein tragfähiges Netz von Familie und Freunden. Schon 1979 hatte die Kultusministerkonferenz „Gesundheitserziehung in der Schule“ empfohlen. Ein Beschluss aus dem Jahr 2012 zur Gesundheitsprävention empfiehlt zudem, was Anika Weinel mit ihrer Projektidee umsetzte, nämlich „Fortbildungen für Lehrkräfte“.

Die 35-Jährige hatte bereits ein Erasmus-Projekt für Schülerinnen und Schüler begeistert begleitet. Warum sie auch das pädagogische Personal am europäischen Austausch teilhaben lassen wollte, erklärt sie so: „Ich fand es spannend, die Perspektive zu wechseln. Nun durften die Kolleginnen und Kollegen etwas Neues lernen und standen beim Thema Lehrergesundheit zudem selbst im Mittelpunkt.“

Lernen am Limit

Anika Weinel und eine ihrer Kolleginnen lernten bei Fortbildungen in Dänemark und Spanien, wie man sich gegen Überlastungen schützt, Entspannungsübungen in den Schulalltag integriert und einem Burn-Out entgegenwirkt. Besonders beeindruckt war sie vom Konzept der „Positiven Psychologie“, das darauf beruht, eine positive Grundhaltung zu sich und anderen zu entwickeln.

Viel Gesprächsstoff gab es in den multinationalen Teams nicht nur über die Belastungen, sondern auch über bewährte Konzepte, ihnen entgegenzuwirken. Nicht zuletzt dank des regen Austauschs bei Erasmus-Projekten haben die legendäre skandinavische Pausenkultur und etwas mehr Gemütlichkeit im Lehrerzimmer Einzug gehalten. Am Hamelner Albert-Einstein-Gymnasium sammelt eine Projektgruppe - sie nennt sich „Räum Dich glücklich“ – gerade Ideen, wie Klassenräume sowohl funktionsmäßig als auch behaglich gestaltet werden können. Und auch ein Ruhe- und Entspannungsraum ist in Planung. „Dann haben wir einen Rückzugsort für wirkliche Pausen“, freut sich Anika Weinel, und ergänzt: „Endlich!“

 

Eigene Grenzen wahrnehmen

Gerade war die Pandemie halbwegs bewältigt, wartete auf die Lehrkräfte schon die nächste Herausforderung: Schülerinnen und Schüler, die aus der Ukraine geflüchtet waren, zu integrieren. Anika Weinel ist zuversichtlich, dass ihr Gymnasium die Herausforderungen, wie schon bisher, gut meistert. „Natürlich funktionieren wir, selbst unter schwierigen Bedingungen. Aber gerade deshalb ist es wichtig, Belastungen nicht zu ignorieren und an die eigene Gesundheit zu denken“, bekräftigt sie.

Diese Haltung gibt sie auch ihren Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg. Auch sie engagieren sich bei eigenen Projekten: Anti-Mobbing-Veranstaltungen, Ideen für eine attraktive Pausengestaltung oder Empfehlungen für die bewusste Handynutzung. Und selbst beim 50. Schuljubiläum des Albert-Einstein-Gymnasiums in diesem Jahr stand Gesundheitserziehung auf dem Programm. Beste Voraussetzungen also, um das Wissen mit anderen europäischen Kindern und Jugendlichen zu teilen – vielleicht beim nächsten Erasmus-Projekt.

Einen Beitrag zur Schulentwicklung leisten

Wie profitiert Ihr Gymnasium von den Erasmus-Erfahrungen?
Die Kolleginnen und Kollegen, die an den Fortbildungen teilnehmen, werden zu Expertinnen und Experten für ihre Themen und tragen mit neuen Impulsen zur Schulentwicklung bei. Durch die Einblicke in andere Schulsysteme merkt man aber auch, was an der eigenen Schule schon gut funktioniert - und kann vieles besser wertschätzen.

Wie wichtig ist es, die Ergebnisse der Fortbildungen mit dem Kollegium zu teilen?
Meine Kollegin und ich haben so begeistert davon berichtet, was wir gelernt haben und was uns guttat, dass unsere Schule eine weitere Fortbildung zur Lehrergesundheit organisiert hat. Nach der anstrengenden Coronazeit war das für viele von uns ein großes Bedürfnis.

Hatten Sie damit gerechnet, dass Ihr Projekt unter den „Success Stories“ sein würde?
Ehrlich gesagt, war ich verblüfft. Denn wir hatten mehr Mobilitäten geplant, konnten sie aufgrund der Pandemie aber nicht im geplanten Umfang durchführen. Trotzdem hat das Projekt viel Zeit und Energie gekostet. Deshalb freue ich mich sehr über die Anerkennung.