Digitaler Austausch an einer Grundschule
Die St. Marien-Schule Moers nutzt für die Zusammenarbeit mit europäischen Partnerschulen die eTwinning-Plattform. Gemeinsam suchen die Beteiligten nach Wegen, um die Plastikflut einzudämmen.
Plastik bestimmt unser Leben. Es ist preiswert, vielseitig und haltbar, belastet die Umwelt aber enorm. Ein eTwinning-Projekt mit Grundschülerinnen und -schülern hat dieses Thema auf den Stundenplan gesetzt.
Ziel war es, die Kinder aufzuklären, aber auch zu motivieren, ihr eigenes Konsumverhalten zu hinterfragen. Damit sollten ihnen Möglichkeiten aufgezeigt werden, was sie selbst unternehmen können, um den Plastikverbrauch zu reduzieren. „Das Thema war an unserer Schule bereits aktuell, bevor die Friday-for-Future-Proteste begannen“, erinnert sich Barbara Klaaßen, die an der Grundschule in Moers unterrichtet und bereits zahlreiche europäische Austauschprojekte mit eTwinning durchgeführt hat. Und so kam es, dass sie mit Partnerklassen in Frankreich, Polen und dem Vereinigten Königreich das eTwinning-Projekt „Say no to plastic pollution“ ins Leben rief. Die 9- bis 10-Jährigen machten sich mit dem Thema vertraut, und plötzlich schien ihre Welt vor allem aus Plastik zu bestehen: Vom Geodreieck über den Füller, vom Filzschreiber bis zum Beutel mit dem Pausenbrot. Allein die Verpackungen der Schokoriegel, Saftflaschen und Kakaotüten, die die Kinder eine Woche lang im Klassenzimmer sammelten, füllten einen prallen Müllsack. „Dieser Plastikberg hat sie verblüfft“, meint Barbara Klaaßen.
„Wir wollten das Umweltbewusstsein der Kinder schärfen, nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Spaß und Freude am Experimentieren. Außerdem konnten wir den Schülerinnen und Schülern das Thema so ganz praktisch vor Augen führen.“
Experimentelles Lernen
An ihrer Schule konnte sie ihren Kollegen Hendrik Schmidt mit seiner 4. Klasse für das halbjährige Projekt begeistern. Damit das Motto „Sag nein zur Plastikverschmutzung“ mehr als ein Slogan wurde, waren Teamgeist und Kreativität der beiden gefragt. Zum Beispiel: Was passiert eigentlich mit Verpackungen, wenn sie vergraben werden? Mit Schaufel und Spaten zogen die Kinder an einem sonnigen Herbstmorgen in den Schulgarten und brachten Plastikverpackungen, Alufolie, Konservendosen, Eierkartons, Holzstäbe und Kaffeepads unter die Erde. Kurz vor den Osterferien buddelten sie den Boden wieder auf und waren überrascht, wie unterschiedlich sich die Materialien zersetzt hatten. Außerdem lernten sie, wie aus Müll schöne und praktische Dinge entstehen können. Aus den Böden von Plastikflaschen bastelten die Kinder Weihnachtssterne und erfreuten hungrige Vögel mit Futterglocken aus leeren Joghurtbechern: Upcycling-Ideen, die voll im Trend liegen, und mit denen sie auch ihre Familien inspirierten. Ein entscheidender Impuls für das Plastikprojekt ging von der University of North Carolina in den USA aus, mit der der eTwinning-Partner aus Großbritannien kooperierte. Das engagierte europäische Team erarbeitete dann Ideen, wie man das Thema kindgerecht und spannend aufbereitet. „Vom ersten Brainstorming bis zum erfolgreichen Abschluss haben wir uns bestens ergänzt“, sagt Barbara Klaaßen.
Reger digitaler Austausch mit Partnerschulen
Die Lehrkräfte nutzten für die Projektarbeit den geschützten Bereich des eTwinning-Portals, den TwinSpace. Hier stellten sie selbstproduzierte Videos ein, berichteten über ihre Erfahrungen mit einer Mikroplastik-App und inspirierten die Partner zu gemeinsamen Aktionen. So beschlossen alle teilnehmenden Schulen, künftig weniger zu laminieren. Auch die Schülerinnen und Schüler tauschten sich auf der eTwinning-Plattform aus. Hier diskutierten sie in Foren, entwarfen mehrsprachige Fragebögen zum Plastikkonsum und tauschten Anregungen aus, die jeder aufgreifen kann. „Versucht es doch mal mit Stoffbeuteln“, war ein Tipp der Moerser Kinder, den ihre britischen Mitstreiter begeistert aufgriffen. Englisch als gemeinsame Projektsprache, das räumt Barbara Klaaßen ein, war für die Viertklässler allerdings eine große Herausforderung. Die entscheidende Vokabel aber klingt in den Sprachen aller vier eTwinning-Partner gleich: Plastik, plastic, plastique und plastyk. Dass weniger davon der Umwelt viel bringt, das haben die Schülerinnen und Schüler aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Polen dank SNOPP noch besser verstanden.
Im Verlauf der Projektarbeit wurden auch die Familien der Kinder eingebunden. Zu Beginn befragten die Schülerinnen und Schüler aller Partnerschulen ihr privates Umfeld nach deren Einstellung zu Plastik und Umwelt. Schon dieser Fragebogen führte in den Familien zu regen Diskussionen. Im Laufe des Projekts trugen die Kinder Erfahrungen aus der Schule nach Hause – und umgekehrt. Ein Kind brachte beispielsweise die Idee der Mikroplastik-App ein. Im Rahmen der Evaluation beobachteten die Lehrkräfte erfreut Einstellungsänderungen der Teilnehmenden und in deren privatem Umfeld.
eTwinning erweitert den Horizont
Von der europäischen Zusammenarbeit profitieren die Kinder darüber hinaus in vieler Hinsicht. „Sie erweitern ihren Horizont. In unserer Schule haben wir Kinder mit Wurzeln in mehr als 15 Nationen. Die Projektarbeit ermöglicht ihnen, ihre persönliche Identität zu finden und auszudrücken“, sagt Barbara Klaaßen. Zudem würden die Kinder gemeinsame Interessen bei den Partnerschülern erkennen und mehr Gemeinsames als Trennendes erfahren. „Diese Erweiterung der interkulturellen Kompetenz gelingt durch eTwinning hervorragend und nachhaltig“, so Barbara Klaaßen.