Welche Wirkungen von Erasmus+ im allgemeinbildenden Schulbereich lassen sich empirisch nachvollziehen? Und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit das Programm seine Ziele erreichen kann? Mit diesen Fragen befasst sich die „Studie zur Wirkung von Erasmus+ in Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen im Schulbereich“, die ein Forscherteam der Technischen Universität Dortmund jetzt abgeschlossen hat. Für den Schulbereich handelt es sich dabei um eine der ersten Untersuchungen in Deutschland, die wissenschaftlichen Standards entspricht. Ihre Ergebnisse sollen Impulse geben für die aktuelle Diskussion über Gestaltung und finanzielle Ausstattung des Nachfolgeprogramms von Erasmus+ ab 2028.
Zentrale Aussagen der Studie
Die Studie macht unter anderem deutlich, dass Erasmus+ nach wie vor nur eine kleine Minderheit der Schülerinnen und Schüler erreicht. Bei einer Gesamtanzahl von derzeit rund 8,64 Millionen Schülerinnen und Schülern in Deutschland konnten bislang gerade einmal ein Prozent von ihnen an dem Programm teilnehmen. Unter den beteiligten Schulen erweist sich Erasmus+ trotz seiner Zielsetzungen nicht als inklusiv – und ist seit 2021 auch nicht inklusiver geworden. Die Studie stellt fest, dass in den ersten drei Programmjahren zwar 22,6 Prozent der Gymnasien in Deutschland eine Erasmus-Förderung erhalten haben, aber nur 8,2 Prozent der Schulen mit Gesamtschulcharakter und 0,6 Prozent der Hauptschulen. Was die geografische Verteilung betrifft, sind zudem die Bundesländer im Osten unterrepräsentiert: Neben den Stadtstaaten Bremen und Hamburg weisen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen den höchsten Anteil an Schulen auf, die an Erasmus+ teilgenommen haben. Die geringste Beteiligung findet sich demgegenüber in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.
Zusammenfassung der Studie
Eine Zusammenfassung der Studie unter dem Titel „Lernmobilität in Europa“ steht hier zur Verfügung [pdf, 1,37 MB]. Die vollständige Fassung erscheint im Frühsommer 2025 im Waxmann-Verlag (Münster).
Forschungsdesign
Die Studie hat durch drei Teilerhebungen den allgemeinbildenden Schulbereich in Deutschland in der aktuellen Programmperiode von Erasmus+ (2021 bis 2027) untersucht. In ihrem Aufbau folgte sie einem sogenannten mixed methods-Forschungsdesign, das inhaltlich vom Allgemeinen zum Besonderen kommt: Teilstudie 1 („Demographie“) wurde auf der Makroebene angesiedelt und gibt, ausgehend von Sekundärdatenanalysen, einen Überblick über die an Erasmus+ beteiligten Einrichtungen im allgemeinbildenden Schulbereich und die von ihnen geplanten Aktivitäten. Teilstudie 2 („Implementation“) konzentrierte sich auf die Meso- oder Organisationsebene: Dazu wurde auf Basis leitfadengestützter Interviews mit Expertinnen und Experten die Implementation und die Wirkung von Erasmus+ Projekten auf der Ebene der Organisationen, etwa der Einzelschulen, näher betrachtet. Teilstudie 3 („Erleben und Effekte“) arbeitete mit der sogenannten experience sampling-Methode, die auf der Mikroebene tiefere Einblicke in die Erfahrungen und Erlebensprozesse der Schülerinnen und Schüler während der Erasmus+ Lernmobilitäten ermöglicht hat.
Hintergrund
Erasmus+ und seine Vorläuferprogramme sind zentrale Bausteine der europäischen Bildungspolitik und -praxis. Die wissenschaftliche Forschung zu den Wirkungen der Programme konzentrieren sich bislang allerdings auf den Bereich der Hochschulbildung. Für den Austausch im allgemeinbildenden Schulbereich liegen dagegen kaum Studien vor. An diesem Desiderat der Forschung setzt die Studie der TU Dortmund an, die von 2022 bis 2024 im Auftrag des Pädagogischen Austauschdienstes (PAD) der Kultusministerkonferenz in Deutschland durchgeführt und aus Mitteln der EU kofinanziert wurde. Die wissenschaftliche Leitung teilten sich Professorin Sabine Hornberg und Professor Michael Becker. Die operative Leitung lag bei Dr. Nadine Sonnenburg.