„Das europäische Miteinander ist mein Motor für Erasmus“

Während der Coronakrise profitierte die IGS Busecker Tal von ihrem Erasmus-Projekt zur Digitalisierung des Unterrichts. Ebenso wichtig ist dem Projektleiter aber auch der europäische Gedanke.

Als Torsten Piske 2018 die Karibikinsel Martinique besuchte, geschah das nicht als Urlauber, sondern in beruflicher Mission, als Leiter des Erasmus-Projekts „Digital Tools in Schools“. Neben Sonne und Meer erwartete den Lehrer ein einwöchiges straffes Arbeitspensum. Gemeinsam mit seinen Projektpartnern aus Frankreich, Spanien, Rumänien und der Türkei entwarf er ein ambitioniertes Programm, das die Digitalisierung beflügeln sollte. Ihr gemeinsames Ziel: Notebooks und Tablets, Apps und Tools vermehrt fürs Lernen zu nutzen.

Torsten Piske, der Deutsch, Englisch und Gesellschaftslehre unterrichtet, bezeichnet sich selbst scherzhaft als „digitalen Analphabeten.“ Doch beim Projektthema bewies der 60-Jährige Weitsicht. „Es war ein prophetisches Motto, von dem wir in der Coronakrise profitiert haben“, fasst er zusammen. Die Schülerinnen und Schüler kannten nun viele smarte Anwendungen, die das Lernen auf Distanz erleichterten. Und Spaß machte es außerdem, wenn sie sich bei Wissenswettbewerben auf der Lernplattform Kahoot! zu Höchstleistungen anspornten oder mithilfe einer Animationssoftware eigene Präsentationen erstellten.

Website

Die europäische Zusammenarbeit "Smart tools in schools" ist auf der Projektwebsite dokumentiert.

Erasmus-Schwerpunkt

Schwerpunkt des Projekts war die Digitalisierung des Unterrichts.

„Die Kinder fit zu machen für eine digitale Gesellschaft, ist eine der wichtigsten Aufgaben von Schule und Unterricht. Ebenso wichtig ist es mir, sie zu toleranten Europäerinnen und Europäern zu erziehen.“

Kennenlernen fördert Toleranz

Torsten Piske hat schon einige europäische Schulprojekte erfolgreich koordiniert. Nach wie vor faszinieren ihn die persönlichen Begegnungen über die Landesgrenzen hinweg. Privat hat er alle fünf Kontinente bereist und möchte auch seinen Schülerinnen und Schüler einen weltoffenen Blick auf andere Länder vermitteln. Erasmus+ betrachtet er dafür als ideales Programm. „Wenn Leute denken, meine Kultur ist die beste, dann darum, weil sie die anderen nicht kennen. Durch persönliche Begegnungen kommen sie miteinander ins Gespräch und merken, hey, das sind doch alles ganz nette Menschen“, sagt er und erzählt von den gemeinsamen Projekttreffen der Jugendlichen.

In Deutschland arbeiteten sie gemeinsam an Konzepten zum digitalen Matheunterricht, in Rumänien probierten sie Tools zum Englischlernen aus und im spanischen Granada erlebten sie Religionsunterricht einmal anders. Für die 15- bis 16-Jährigen war es eine prägende Erfahrung, eine Woche in einer Gastfamilie zu wohnen, sich an ungewohntes Essen zu trauen und die Landessprache nicht zu verstehen. Doch Berührungsängste gab es keine.

Geglückte Inklusion

Die Projektkids schafften es auch mühelos, die Jugendlichen aus der Förderschule in Martinique in ihre gemeinsamen Aktivitäten zu integrieren. Wer langsamer lernte, erhielt Unterstützung durch die Gruppe. Für Torsten Piske ist auch das ein Gewinn von Erasmus+: Dass sich Menschen begegnen, die sonst kaum zusammenfinden würden, und dabei ganz nebenbei eine Lektion in Inklusion lernen.

Zwei Jahre nach Abschluss des Projekts ist der Unterricht an der IGS Busecker Tal digitaler, bunter und kommunikativer geworden. Viele Schülerinnen und Schüler haben jetzt Tablets, nutzen vielfältige Apps und präsentieren ihre Ideen auf Smartboards. Den Erfolg von „Smart Tools in Schools“ misst der engagierte Projektleiter aber nicht nur daran. Mindestens ebenso sehr freut er sich über Freundschaften, die entstanden sind und Kontakte, die die Austauschschülerinnen und -schüler auch nach Jahren über soziale Medien pflegen. „Dass sich die Jugend Europas kennenlernt, das motiviert mich jedes Mal für weitere Vorhaben“, resümiert Torsten Piske.

Motor für Erasmus+

Wenn er in den Klassen, wie er sagt, „flammende Vorträge“ hält, steckt er mit seiner Europa-Begeisterung immer wieder Schülerinnen und Schüler an. Er findet, dass internationale Begegnungen wichtiger denn je seien. „Meine Hoffnung ist, dass sie die Verständigung fördern und die Menschen davon abhalten, irgendwann aufeinander zu schießen.“

Schon wenige Tage nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erklärten auch die Nationalen Agenturen für das Erasmus-Programm, wie wichtig Zusammenhalt und Toleranz in Europe für den Frieden auf dem Kontinent seien. Für dieses Ziel setzen sich Torsten Piske und seine Kolleginnen und Kollegen mit immer neuen Projektideen ein. Seine Vision formuliert der Gesamtschullehrer so: „Ich träume immer noch, auch wenn es naiv klingt, von den Vereinigten Staaten von Europa und einem europäischen Miteinander. Das ist der Grund für mein Engagement und mein Motor für Erasmus+.“

Arbeit, die sich lohnt

Wie gewinnen Sie Schülerinnen und Schüler für Erasmus-Projekte?
Ich verfasse Texte für unser Intranet, welche Mobilitäten geplant sind. Die veröffentlichen wir in einer digitalen Broschüre über unsere vielfältigen AGs. Kinder, die Interesse haben, können sich anmelden. Voraussetzungen für die Teilnahme sind kommunikative Fähigkeiten, gute Englischkenntnisse und kein Heimweh.

Wie haben Sie vom Austausch mit Ihren europäischen Kolleginnen und Kollegen profitiert?
Bei „Smart Tools for Schools“ waren wir wieder eine tolle Truppe. Wichtig ist, dass man Leute hat, die engagiert und kreativ sind und mit Elan mitarbeiten. Bei diesem Projekt hat das hervorragend geklappt. Wir sind alle miteinander befreundet und besuchen uns auch privat.

Was ist für Sie als erfahrener Erasmus-Projektleiter nach wie vor eine Herausforderung?
Jedes Projekt bedeutet eine Menge Arbeit, die sich aber lohnt. Mir würde es gefallen, wenn der ausführliche Abschlussbericht kürzer ausfallen könnte, sozusagen eine Bilanz auf dem Bierdeckel.