Fortbildung und Hospitation

„Wir haben so viel voneinander gelernt"

Mit Erasmus+ wächst und gedeiht der Austausch an der St. Thomas Realschule plus in Andernach – wortwörtlich, denn die Schule hat einen „Europäischen Garten der Kulturen“ angelegt.

Andernach am Rhein ist eine „Essbare Stadt“: Gemüsesorten wie Bohnen und Möhren, Obst- und Beerensorten, Spaliergehölze oder Küchenkräuter wachsen auf öffentlichen Grünflächen und laden zum Ernten ein. Was die Stadt Andernach für die nachhaltige Stadtentwicklung im Rahmen eines EU-Projektes begonnen hat, setzt die St. Thomas Realschule mit europäischen Partnern fort.

Vera Kaspari griff das Erfolgsrezept ihrer Heimatstadt für die St. Thomas Realschule plus auf: Als Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache unterrichtet sie dort Jugendliche aus verschiedenen Ländern. Konzepte wie „Kulturelle Vielfalt als Bereicherung“ und „Verwurzelung in europäischen Werten“ mit praktischer Gartenarbeit, gesunder Ernährung und Umweltschutz zu verbinden – das war für sie naheliegend.

Sich fortbilden und hospitieren

Gemeinsam mit ihrer Kollegin Nadja Richter nahm sie an einer Onlinefortbildung des PAD teil und lernte dabei die Möglichkeiten von eTwinning kennen. „Wir beide kannten die Plattform vorher nicht“, erinnert sich die Erasmus-Koordinatorin. „Aber als wir bei eTwinning für unser Konzept ‚Garden of Cultures in Europe‘ nach passenden Partnern gesucht haben, bekamen wir so viele Zuschriften, dass wir uns am Ende die wirklich passenden Partner aussuchen konnten. Mittlerweile nutzen wir den TwinSpace vor allem dazu, um unsere gemeinsamen Aktivitäten zu dokumentierten.“ Insbesondere die Partnerschule in Griechenland erwies sich als große Unterstützung, berichtet Vera Kaspari: „Die Schulleiterin dort ist schon seit den 1980er-Jahren bei europäischen Austauschprogrammen aktiv. Von dieser Erfahrung konnten alle sehr profitieren.“

Ihre Kollegin Nadja Richter unterrichtet naturwissenschaftliche Fächer und besuchte die griechische Partnerschule in der Nähe von Larisa im Rahmen einer Hospitation. Dort bekam sie viele Anregungen – nicht nur für die schuleigene Garten-AG. „Die Griechen haben einen sehr schönen Schulgarten, in dem auch essbare Pflanzen angebaut werden. Es gab zum Beispiel Zucchini, Melonen, Kürbisse und Tomaten. Ich habe aber auch viel Neues über Griechenland und das Schulsystem gelernt. Zum Beispiel nutzen die Lehrkräfte dort ein digitales Klassenbuch, das die Kommunikation mit den Eltern erleichtert. Es gibt kaum noch Papier – auch Elternbriefe werden über das digitale Klassenbuch verschickt, und das bereits seit zehn Jahren.“

Porträt mit farbigen grafischen Elementen
Nadja Richter unterrichtet Naturwissenschaften und hat an der griechischen Partnerschule hospitiert.

„Wir haben uns sehr gut mit den griechischen Kolleginnen und Kollegen ausgetauscht – es war interessant zu hören, wie Schule und Unterricht in anderen Ländern funktionieren. Ich war dadurch zusätzlich motiviert, auch meinen Schülerinnen und Schülern den Austausch zu ermöglichen.“

Alle für den Austausch

Auch Schulleiter Martin Leupold hat bereits die Schülerinnen und Schüler der Erasmus-AG zu einer Schulbegegnung nach Spanien begleitet. Er ist stolz auf sein engagiertes Kollegium: „Der Austausch mit Erasmus+ ist ja kein Urlaub, ganz im Gegenteil. Ich finde es großartig, wie viel unsere Lehrkräfte leisten und wie sie sich einbringen – das ist alles andere als selbstverständlich.“

Die europäischen Aktivitäten sind an der Realschule fächerübergreifend ins Schulleben eingebettet. So lernten die Schülerinnen und Schüler im Biologieunterricht, wie Photosynthese funktioniert und zogen dann zuhause Kohlrabi und Peperoni an. Diese pflanzten sie im Frühjahr in Hochbeete auf dem Schulhof. Auch der Kunstunterricht wurde einbezogen: In den Wintermonaten modellierten die Schülerinnen und Schüler Tonobjekte für ihren Schulgarten. Ein großes Thema für alle Partnerschulen ist die Bewässerung. „Wir müssen überlegen, was es für innovative Lösungen gibt, um unsere Schulgärten immer mit ausreichend Wasser zu versorgen“, berichtet Vera Kaspari. Hier bringt der Austausch auch konkrete Fragestellungen, mit denen sich die Jugendlichen in naturwissenschaftlichen Fächern auseinandersetzen können.

Müll am Rhein und blühende Zitronen

Während der #ErasmusDays im Oktober veranstaltete die Realschule ein digitales „European Garden Quiz“, an dem alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen konnten. Wer über einen QR-Code das Spiel öffnete, der bekam Fragen gestellt wie diese: „In welchen Land blühen die Zitronen?“ oder „Wo wächst der älteste Olivenbaum Europas?“

Sogar in ihrer Freizeit beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler mit Umweltschutz. Gemeinsam mit einer lokalen Initiative trafen sie sich samstags zum Müllsammeln am Rheinufer. Aus den Fundstücken entstand eine Ausstellung im Schulhaus, mit der noch weitere Freiwillige für Aufräumaktionen gewonnen werden sollen.

Schulwebsite

Das Projekt „Garten der Kulturen in Europa“ der vier Schulen aus Andernach, Larisa (Griechenland), Käina (Estland) und Bailén (Spanien)

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Vera Kaspari koordiniert das Erasmus-Projekt an der Schule in Andernach.

„Unser Schulgarten soll es ermöglichen, Kultur mit allen Sinnen zu spüren. Die Schülerinnen und Schüler lernen nicht nur etwas über Gemüse und gesunde Ernährung – sondern auch über europäische Werte und kulturelle Identität.“

Nachhaltiger Austausch dank Akkreditierung

Durch die gegenseitigen Begegnungen haben sich zwischen der St. Thomas Realschule Plus und den drei Partnerschulen in Bailén (Spanien), Larisa (Griechenland) und auf Käina (Estlands zweitgrößter Insel) enge und freundschaftliche Beziehungen entwickelt. Um auch langfristig Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern den Austausch zu ermöglichen, haben sich deshalb alle vier Einrichtungen um eine Akkreditierung bei Erasmus+ beworben – mit Erfolg. Vera Kaspari ist davon begeistert: „Die Akkreditierung ist eine ungeheure Erleichterung und spart uns viel Bürokratie.“

Bis zum Ende des Programms 2027 können die Schulen nunmehr unkompliziert einzelne Mobilitäten wie Schülerbegegnungen, Hospitationen oder Auslandsfortbildungen für Lehrkräfte beantragen. Schulleiter Martin Leupold sieht darüber hinaus auch weitere Anknüpfungspunkte: „Wir arbeiten gerade zum Thema Berufsorientierung eng mit Akteuren aus der Wirtschaft zusammen und haben auch Kooperationen mit Hochschulen – das fanden unsere Partner im Ausland sehr spannend. Langfristig wollen wir diese Kontakte weiter ausbauen und könnten uns beispielsweise auch internationale Schülerpraktika mit Erasmus+ vorstellen.“