Fortbildung

Impulse für den Unterricht in heterogenen Lerngruppen

Lehrkräfte der Realschule Waibstadt haben sich mit Erasmus+ in Europa fortgebildet. Ihre Erfahrungen zeigen, dass die Coronapandemie dafür kein Hindernis sein muss.

Die Klassengemeinschaft online organisieren, den Unterrichtstoff hybrid vermitteln und durch Selbsttests und Maskenpflicht für ein Mindestmaß an Sicherheit sorgen: Der Corona-Alltag der vergangenen zwei Jahre hat Schulen nicht nur viel abverlangt, sondern auch althergebrachte Methoden des Lehrens und Lernens in Frage gestellt.

„Die Themen der Fortbildung, an der ich letzten Oktober in Dublin teilnehmen konnte, waren deshalb brandaktuell“, sagt Michelle Daiger-Weyher, die Evangelische Religionslehre und Englisch an der Realschule Waibstadt (Baden-Württemberg) unterrichtet. Denn unter dem Titel „21st Century Skills for Teachers and Students“ ging es unter anderem um das Konzept des „Flipped Classroom“, mit dem sie bis dahin wenig Erfahrungen hatte. „Bei diesem didaktischen Ansatz erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler selbstständig in Heimarbeit ein Thema. Dieses Vorwissen bringen sie dann im Unterricht ein, der so Raum schafft für mehr Differenzierung und Individualisierung“, erläutert sie und verweist auf ihre guten Erfahrungen damit: „Gerade nach langen Lernphasen im Homeschooling, sind viele Lernende auf unterschiedlichen Wissensniveaus“. Viele Ideen nahm sie aus Dublin auch für den Einsatz digitaler Unterrichtswerkzeuge mit: „Die vorgestellten Plattformen waren ausschließlich englischsprachig, was sie für mich als Sprachlehrerin besonders attraktiv macht. Ergänzend dazu erfuhren wir einiges über die Grenzen und Risiken von digitalen Werkzeugen im Unterricht. Gerade auf diesem Gebiet bestand für mich Nachholbedarf.“

Fortbildungen

Porträtcollage
Michelle Daiger-Weyher unterrichtet Evangelische Religionslehre und Englisch an der Realschule Waibstadt (Baden-Württemberg)

„In meiner Seminargruppe in Dublin konnten längst nicht alle perfekt Englisch. Ein echtes Hindernis war das aber nicht. Auch wer die Sprache nur in der Schule gelernt hatte, diskutierte mutig mit.“

Ideen für Projektbasiertes Lernen

Britta Sobek, die in Waibstadt Englisch, Geschichte und Kunsterziehung unterrichtet, hat das Erasmus-Programm bereits vor einigen Jahren kennengelernt – auf einem Seminar, das Lehrkräfte aus ganz Europa für Unterrichtsprojekte auf der Plattform von eTwinning zusammenbrachte. Dort traf sie auch eine Kollegin aus Spanien, mit der sie seitdem in ihrem Englischunterricht einige eTwinning-Projekte durchgeführt hat, in der sich die Schülerinnen und Schüler kennenlernen und zusammenarbeiten. „Eine Sprache lernt sich ja nicht nur aus dem Schulbuch, sondern vor allem durch Kontakte zu Gleichaltrigen“, sagt sie.

Britta Sobek entschied sich für eine Fortbildung zum Thema „Projektbasiertes Lernen“, die im Juli 2021 auf Island stattfinden konnte. Nach einer theoretischen Einführung in die Methode ging es an die praktische Ausarbeitung eigener Ideen: „Es war eindrucksvoll, wie viele gute Projektideen in der kurzen Zeit mit viel Engagement entworfen worden sind“, erinnert sie sich.

Außerschulische Lernorte in der Umweltbildung

Im März darauf ging es dann auf Zypern darum, wie an außerschulischen Lernorten „Umweltbildung“ möglich ist: „Solche Lernorte wirken besonders motivierend und regen zur Selbsttätigkeit an. Die Kinder werden ermutigt, ihre Umwelt näher zu erforschen und mit Naturmaterialien zu experimentieren. Das stärkt das Bewusstsein für nachhaltiges Denken und Handeln“, sagt Britta Sobek. Anknüpfen will sie zudem an Kaffeepausengespräche mit den Lehrkräften aus anderen Staaten: „Der ein oder andere Kontakt wird auch in Zukunft gepflegt werden. Schüleraustausche und gegenseitige Hospitationen sind nicht ausgeschlossen.“

Ein Antrag - acht Fortbildungen

Die Realschule Waibstadt liegt im ländlichen Raum zwischen Heidelberg und Heilbronn. Mit dem Erasmus-Programm hatte das Kollegium bislang keine Erfahrungen. Über die Möglichkeiten des europäischen Austauschs informierten sich die beiden Lehrerinnen auf einer Fortbildung – und stellten anschließend unter dem Titel »Ich, du, wir – Diversität leben!« einen Antrag für insgesamt acht Fortbildungen, die bis Mitte 2023 stattfanden. Die Themen stehen dabei in Zusammenhang mit den Ergebnissen der schulinternen Evaluation, die kurz zuvor durchgeführt worden war. Ein Schwerpunkt ist der Umgang mit der Heterogenität im Klassenzimmer: »Wir haben ein großes Leistungsspektrum. Es gibt Schülerinnen und Schüler, die vom Gymnasium zurückkommen, aber auch solche, die sich mit dem mittleren Schulabschuss schwertun. Angesichts ihrer guten Erfahrungen mit europäischen Fortbildungen, über die sie unter anderem in einer Gesamtlehrerkonferenz berichtet haben, sind Michelle Daiger-Weyher und Britta Sobek zuversichtlich, das Interesse verstärkt auch unter solchen Kolleginnen und Kollegen wecken zu können, die nicht Fremdsprachen unterrichten.