„Echte Inklusion ist mehr als ein Konzept“
Ob Module für den Unterricht, Materialien für Schülerinnen und Schüler oder Konzepte zur Weiterqualifizierung von Lehrkräften: In einer Kooperationspartnerschaft können beispielsweise Universitäten oder andere Einrichtungen der Lehrerfortbildung zu einem selbst gewählten Thema aus dem Schulbereich zusammenarbeiten. Voraussetzung ist, dass dieses Thema sich mindestens einer der vier Prioritäten von Erasmus+ widmet.
Das Projekt Sign4Change des Instituts für Lerninnovation der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen zielt darauf ab, den Unterricht für gehörlose und schwerhörige Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Wir stellen die Kooperationspartnerschaft und ihre Ergebnisse hier vor und haben der Projektkoordinatorin Dr. Tanja Tillmanns einige Fragen gestellt.
Sign4Change
Was war das Ziel bei "Sign4Change"?
Wir haben ein Bildungsmodell entwickelt, das soziale Innovation mit Inklusion verbindet – wir nennen es das »Deaf-Changemaker Konzept«. Lehrkräften werden damit Möglichkeiten an die Hand gegeben, gehörlose und schwerhörige Schülerinnen und Schüler besser zu fördern. Um das zu erreichen, haben wir unter anderem ein E-Book erstellt mit Geschichten von Gehörlosen, die Großes erreicht haben – sei es im Beruf, in der Gesellschaft oder im Aktivismus. Dadurch bekommen die Schülerinnen und Schüler nicht nur wertvolle Orientierungshilfen, sondern werden auch motiviert, eigene Stärken zu entdecken und sich aktiv in der Gemeinschaft einzubringen.
Welche Materialien wurden entwickelt, um taube und schwerhörige Schülerinnen und Schüler besser zu fördern?
Neben dem E-Book haben wir ein Curriculum für Social Innovation Education (SIE) für gehörlose und schwerhörige Schülerinnen und Schüler entwickelt. Das Curriculum ist so konzipiert, dass die Aktivitäten von Lehrenden direkt im Klassenzimmer mit den Schülerinnen und Schülern umgesetzt werden können.
Außerdem wurden Onlinetraining für Lehrkräfte entwickelt, die bereits in der Gehörlosenbildung tätig sind oder mehr über Gebärdensprache und Gehörlosenkultur erfahren möchten. Ziel ist es, ein Training für soziale Innovation in der Bildung anzubieten, um die Bildung für gehörlose und schwerhörige Kinder inklusiver und transformativer zu gestalten. Das Training beinhaltet auch Aktivitäten zur Integration des E-Books in verschiedene Unterrichtsfächer.
Dr. Tanja Tillmanns ist Lehrkraft an der Fachhochschule Südwestfalen und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Dort hat sie das Erasmus+ Projekt »Sign4Change« koordiniert.
„Das Colegio Gaudem hat mir gezeigt, dass echte Inklusion weit mehr ist als ein Konzept: Sie ist eine gelebte Realität, wenn Menschen bereit sind, Barrieren abzubauen und neue Kommunikationswege zu öffnen.“
Was war Ihr Highlight bei dem Projekt?
Unvergesslich bleibt mir ein Treffen in Madrid, als ich meinen eigenen Gebärdensprachennamen von zwei unserer schwerhörigen Partner erhielt. In der Gebärdensprachgemeinschaft bekommt man ein solches persönliches Zeichen erst dann, wenn die Mitglieder jemanden gut kennengelernt haben. Das war ein bewegender Augenblick, in dem ich mich ein bisschen als Teil dieser Kultur fühlte.
Auch wissenschaftlich war dieser Besuch ein Aha-Erlebnis, denn unser Partner, das Colegio Gaudem, ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Inklusion funktionieren kann. Hier haben die Verantwortlichen längst erkannt, dass die Gebärdensprache nicht nur für gehörlose oder schwerhörige Kinder von Vorteil ist, sodass alle Schülerinnen und Schüler grundlegende Gebärden lernen.
Beim Besuch der Klassenräume war es inspirierend zu sehen, wie selbstverständlich und harmonisch hörende und gehörlose Kinder miteinander lernen. Das Colgio Gaudem hat mir gezeigt, dass echte Inklusion weit mehr ist als ein Konzept: Sie ist eine gelebte Realität, wenn Menschen bereit sind, Barrieren abzubauen und neue Kommunikationswege zu öffnen.