Liberté – Von der Freiheit, fantasievoll Französisch zu lernen
Beim Vergleich ihrer Schulen kamen Jugendliche des Christian von Mannlich-Gymnasiums in Homburg (Saarland) und ihre Pariser Partner zu erstaunlichen Ergebnissen. Die Projektidee hatte ihre Französischlehrerin Luisa Michely.
Wenn Luisa Michely an ihr eTwinning-Projekt mit dem Titel „Auf der Suche nach der idealen Schule: Eine deutsch-französische Schule – création et présentation d’une école idéale franco-allemande“ zurückdenkt, kommt ihr „Liberté“ in den Sinn. Denn mit der Kooperation verbindet sie die Freiheit, die Unterrichtsroutine zu durchbrechen und kreative Ideen auszuprobieren. Gemeinsam mit ihrer französischen Kollegin, die Deutsch an einem Pariser École lehrt, erarbeitete sie das Konzept: Achtklässlerinnen und Achtklässler stellen den Projektpartnern ihre Schulen vor, vergleichen sie, diskutieren über die Vor- und Nachteile und präsentieren ihre ideale Bildungsanstalt.

„Für mich ist eTwinning eine tolle Möglichkeit, Abwechslung in meinen Französischunterricht zu bringen. Die Schülerinnen und Schüler können ihre Sprachkenntnisse praktisch anwenden, ohne zu verreisen und lernen dabei die Kultur ihres Partnerlandes kennen.“
Frankreichs Schulen ticken anders
Den Wecker zu überhören, den Bus zu verpassen oder auf dem Schulweg zu trödeln, empfiehlt sich in Frankreich nicht. Denn wer zu spät zum Unterricht kommt, muss draußen bleiben und in einem Extraraum alleine lernen. Diese strenge, aber wirkungsvolle Regel ist nur einer der Unterschiede, die das deutsch-französische eTwinning-Team bei seinem Schulvergleich überraschte. Sie nahmen auch das Notensystem und die Stundenpläne unter die Lupe, stellten ihr Schulgebäude und das Personal vor, tauschten sich über ihre Mensa und das Mittagessen aus und berichteten über Traditionen und Feste. Luisa Michely, die das Projekt für ihre und drei weitere Französischklassen koordinierte, betont, wie wichtig es ist, dass die Jugendlichen die Themen selbst auswählen: „Nur wenn die Schüler sich wirklich dafür interessieren, bleiben sie motiviert.“
Der Antrieb der achten Klasse war jedenfalls enorm. Sie diskutierte mit ihrer Partnerklasse angeregt über das Für und Wider eines Kopftuchverbots an französischen Schulen, über die Vorzüge einer aufladbaren Mensakarte und über eTwinning selbst. Ihre Ideen präsentierten die Schülerinnen und Schüler mit Fotos, Zeichnungen und Texten im Twinspace, dem digitalen Raum für eTwinning-Projekte auf der European School Education Platform. Die Videos der Arbeitsgruppen zeigen, was sie von den beiden Bildungssystemen in ihre Traumschulen übernehmen würden. „Liberté“ hieß eine von ihnen. Dass die Freiheit auch Grenzen haben sollte, ist das Fazit einer deutschen Schülergruppe, die die strikte französische Unpünktlichkeitsregel für „très agréable“ – sehr angenehm hält.
Gemeinsam zum Projekterfolg
Homburg ist rund 40 Kilometer von der französischen Grenze entfernt, die Fremdsprache also fast in Hörweite. Trotzdem haben viele Jugendliche das Nachbarland noch nie besucht. Anders als der Namensgeber des Gymnasiums, der 1741 geborene Künstler und Architekt Johann Christian von Mannlich. Der Frankreich-Liebhaber ließ sich in Paris von den Rokoko-Malern inspirieren.
Zwar bietet die Schule zahlreiche AGs, Austauschprogramme und Exkursionen an, doch Luisa Michely will auch diejenigen erreichen, die nicht daran teilnehmen. „Dafür ist eTwinning ideal,“ sagt sie. Ihre Pariser Kollegin betrachtet sie als ideale Partnerin: Sie stammt aus Argentinien, wuchs in Deutschland auf und lebt in Frankreich. Eine echte Weltbürgerin! Die beiden Lehrerinnen kennen sich von einer Veranstaltung des Deutsch-Französischen Jugendwerks und merkten gleich, dass die Chemie zwischen ihnen stimmt. Bei ihrem ersten Projekt vor vier Jahren kommunizierten die Schülerinnen und Schüler noch analog miteinander, schrieben Briefe und schickten Päckchen. Doch nachdem Luisa Michely 2023 an einer Fortbildung zu eTwinning teilgenommen hatte, war für sie klar, dass die nächste Kooperation digital stattfinden sollte. Natürlich im bewährten deutsch-französischen Duo: „Wir sind ein eingespieltes Team und haben immer spannende Ideen. Deshalb ist der grenzüberschreitende Austausch ein Gewinn,“ lautet das leidenschaftliche Fazit von Luisa Michely. Ihr nächstes eTwinning-Projekt läuft bereits.
Was bedeutet Ihnen der deutsch-französische Tag am 22. Januar?
Sehr viel! Ich betone in jeder Klassenstufe, dass wir offen für Frankreich sein müssen. Die Sprache und Kultur unserer Nachbarn zu vermitteln, ist mir ein Herzensanliegen, nicht nur an dem Stichtag. Letztes Jahr haben wir eine Unesco-Woche zum Thema Frieden veranstaltet. Mein Projekt hieß „Auf den Spuren deutsch-französischer Feind- und Freundschaft“ und führte uns zu Fuß zu geschichtsträchtigen Orten des Saarlandes.
Wie wichtig war eine gute Planung für Ihren Projekterfolg?
Mit meiner Kollegin in Paris habe ich einen strikten Zeitplan erarbeitet, um das Projekt für uns und die Schülerinnen und Schüler so stressfrei wie möglich durchzuführen. Wichtig ist, sich gut abzusprechen und an die Vereinbarungen zu halten, um motiviert zu bleiben.
Was hat das eTwinning-Projekt Ihnen persönlich gebracht?
Zu meiner französischen Kollegin habe ich mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis, das ich sehr wertschätze. Von unserem Teamwork profitiert auch mein Unterricht, denn sie inspiriert mich mit Ideen, die ich in meinen Klassen ausprobiere. Deshalb ist der Austausch eine echte Bereicherung.
